Erneuerbare Energien:
Aufs Tempo drücken

2045 ist das neue 2050. Fünf Jahre früher als geplant soll Deutschland klimaneutral werden. Das verschärfte Klimagesetz der Bundesregierung schreibt den Erneuerbaren Energien eine entscheidende Rolle zu. Und genau das ist das Problem. 
Seit Anfang des Jahres ist das EEG 2021 in Kraft und gibt damit ein klares Mengenziel bei Erneuerbaren Energien vor. Bis 2030 soll so der Anteil grünen Stroms auf 65 Prozent erhöht werden. Doch nun haben sich die Rahmenbedingungen geändert. Das Bundesverfassungsgericht entschied im März, dass die aktuellen Ziele des 2019 verabschiedeten Klimagesetzes verfassungswidrig sind, weil klare Vorgaben für die Treibhausemissionen nach 2030 fehlen. In Rekordzeit überarbeitete die Bundesregierung das Klimagesetz mit dem Ergebnis, dass die Klimaneutralität in einem Stufenplan statt 2050 nun schon 2045 erreicht werden soll. Bis 2030 soll der Energie-bereich zudem gut ein Drittel mehr CO2 einsparen als bisher geplant und statt 175 nur noch 108 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente verbrauchen.
Für die Industrie verschärft sich der erlaubte Wert von bislang 140 Millionen Tonnen auf 118 Millionen Tonnen.

Weniger Genehmigungen für Windräder

Diese Vorgaben lassen sich jedoch nur erreichen, wenn der Ausbau der Erneu-erbaren Energien beschleunigt wird und nicht – wie aktuell – ins Stocken gerät. Der Bau von Windkrafträdern an Land ist in den letzten Jahren stark eingebrochen. So wurden 2020 deutsch-landweit nur rund 770 Windräder genehmigt – ein Rückgang von rund 40 Prozent gegenüber 2015. Wie kritisch und völlig unkalkulierbar die Situation ist, zeigen auch die vorläufigen Berechnungen des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) und des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) für das erste Halbjahr 2021. Nur 43 Prozent des Bruttostromverbrauchs in Deutschland wurden mit Ökostrom gedeckt. Im Vorjahreszeitraum waren es rund 50 Prozent. Diese Diskrepanz zeigt: Anspruch und Wirklichkeit liegen noch weit auseinander.

Der Bedarf an Grünem Strom steigt

Soll die Transformation gelingen, muss es daher eine Trendwende geben, fordert die Initiative IN4Climate.NRW in ihrem Positionspapier „Erneuerbare Energien“. Offshore-Windenergie und Photovoltaik müssen zügig ausgebaut werden. Denn die Industrie benötigt sehr viel Grünen Strom. Schon heute verbraucht die Industrie etwa die Hälfte des deutschen Stroms von rund 500 Terawatt-Stunden. Durch die Elektrifizierung energieintensiver Prozesse wird eine zusätzliche Menge an Strom aus Erneuerbaren Energien erforderlich sein. Um eine Treibhausgasneutralität bis 2050 in der chemisch-pharmazeutischen Produktion technologisch zu erreichen, sind laut VCI-Berechnungen mehr als 600 Terawatt-Stunden erneuerbarer Strom nötig. Mit 2045 als neuem Ziel müsste die Schlagzahl beim Ausbau noch mal erhöht werden.
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Ökostromlücke durch Ausbau schließen

Claudia Kempfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung mahnt, dass die Ausbauziele vervierfacht beziehungsweise versechsfacht werden müssen. Mindestens 20 Gigawatt Solar- und knapp 10 Gigawatt Wind-energie müssten pro Jahr hinzukommen, um eine Ökostromlücke zu ver-meiden und die Klimaziele zu erreichen. „Die Bundesregierung steht aber beim Ausbau komplett auf der Bremse und ignoriert den steigenden Strom-verbrauch. So laufen wir sehenden Auges in eine Ökostromlücke und sitzen irgendwann im Dunkeln, wenn wir nicht die Pariser Verträge brechen wollen“, warnt sie.

Unterstützung bei der Transformation

Auch LANXESS fordert den Ausbau, drückt beim Klimaschutz aufs Tempo. Der Konzern selbst hat sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, bis 2040 klimaneutral zu produzieren. LANXESS unterstützt daher die ambitionierten Klimaziele, erwartet aber auch Unterstützung bei der Umsetzung. Ein Beispiel ist die Entlastung energieintensiver Unternehmen: Sie hat sich bewährt und gibt Planungs- und Standortsicherheit. So braucht die Chemische Industrie Grünen Strom – doch kann sie nicht die Kosten für seine Produktion allein schultern. Hier muss die Regierung handeln.

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