Europa muss durchstarten

Es ist Zeit, dass die EU mit ihren wichtigsten Partnern in der Handelspolitik zu Ergebnissen kommt, meint LANXESS-Vorstandsmitglied Anno Borkowsky.

Die USA und China sind für die chemisch-pharmazeutische Industrie in Deutschland die mit Abstand wichtigsten Handelspartner außerhalb Europas; Großbritannien ist einer der wichtigsten Partner außerhalb der EU. Dies sind nur zwei von vielen Gründen, warum die Chemiebranche sich von der EU Initiative, Zielstrebigkeit und Erfolge in ihrem Einsatz für freien Handel erhofft. Ebenso fällt ins Gewicht:

  • Chemieunternehmen haben international verzweigte und sehr komplexe Lieferketten. Hart ausgetragene Handelskonflikte können Nachschub und Absatz empfindlich treffen.
  • Die Verfügbarkeit systemrelevanter Güter muss gewährleistet sein. Dies hat die Coronakrise gezeigt. Wir unterstützen daher voll und ganz den Vorschlag der EU an die Ottawa- Gruppe der Welthandelsorganisation (WTO), den Handel mit Gesundheitsprodukten zu erleichtern. Dazu zählen die Abschaffung der Zölle auf pharmazeutische und medizinische Produkte sowie eine Regelung für die globale Kooperation in Gesundheitskrisen, die Aspekte wie Ein- und Ausfuhrbeschränkungen, Zölle und Transit abdeckt.
  • Dieser Vorstoß der EU umfasst auch die Verbesserung der WTO-Regeln für den Handel mit wichtigen Gütern.

Vorfahrt für die Diplomatie

Die Coronapandemie wirft indessen nur ein weiteres Schlaglicht auf den Handlungsstau, unter dem die EU-Handelspolitik steht. China hat mit dem größten Freihandelsabkommen der Welt, dem Regional Comprehensive Economic Partnership, zügig seine handelsstrategischen Ziele erreicht. Zwar profitieren auch EU-Unternehmen von niedrigen Zöllen und gemeinsamen Standards in diesem gewaltigen Wirtschaftsraum, wenn sie dort aktiv sind. Zugleich sollten die EU und China mit ihrem seit Jahren verhandelten Investitionsschutzabkommen zu Resultaten kommen und gemeinsam die WTO stärken.

Diese bietet für Handelskonflikte definierte Verfahren, um zu dauerhaften Lösungen zu kommen. Sie genießen aus unserer Sicht immer Vorrang vor harten Schritten wie Strafzöllen, die zu Störungen von Lieferketten führen. Mit der neuen US-Regierung bietet sich die große Chance, die Instrumente der Diplomatie wieder zu nutzen. Dies sollte die EU nun wahrhaftig tun. In den seit Jahren ruhenden Verhandlungen zum Transatlantischen Freihandelsabkommen TTIP steckt noch sehr viel Detailarbeit. Denn im freien Warenverkehr geht es keineswegs nur um Zollsenkungen, sondern ebenso um die gegenseitige Anerkennung von Standards und Verfahren. Diese bedeutet für außenwirtschaftsaktive Unternehmen eine enorme Kostenentlastung.

Zügig und zielorientiert agieren

Wie schädlich nationale Alleingänge für den internationalen Warenaustausch sind, konnten wir jüngst in zahlreichen Handelskriegen und beim Brexit beobachten. Sie machen konzentrierte, enge Verhandlungen in gegenseitigem Respekt umso dringlicher. Jetzt,

Anno Borkowsky ist Mitglied im Vorstand der LANXESS AG. Kürzlich wurde er außerdem in den Vorstand des Verbands der Europäischen chemischen Industrie, Cefic (European Chemical Industry Council), berufen.

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