Genehmigungsverfahren:
Digital - aber auch sicher?

Schnelle und einfache Lösungen waren während der Pandemie gefragt. Das Planungssicherstellungsgesetz erfüllte genau diesen Zweck. Jetzt ist der nächste Schritt nötig: ein echtes Planungsmodernisierungsgesetz. Denn Deutschland braucht dringend ein Update.

Genehmigungsverfahren sind in Deutschland vor allem eines: langwierig und kompliziert. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich dabei um den Neubau einer Brücke, eine Impfstoff- oder Batteriezellenproduktion oder die Anlage eines Windparks handelt. Zwar hat sich gerade in Nordrhein-Westfalen in den letzten Jahren viel getan, und die Dauer der Verfahren verkürzte sich von durchschnittlich drei Jahren auf eineinhalb Jahre, doch für die Industrie fehlt nach wie vor die Planungssicherheit. Denn noch immer entscheiden die jeweils zuständigen Bezirksregierungen unterschiedlich. Hinzu kommen oft langandauernde Bürgerbeteiligungen, die für die Akzeptanz des Projekts entscheidend sind.

Risiken bei der Einsichtnahme

Ausgerechnet die Pandemie sorgte für eine vereinfachte Öffentlichkeits-beteiligung. Das am 20. Mai 2021 beschlossene Planungssicherstell-ungsgesetz (PlanSiG) war die Reaktion auf den Lockdown beziehungsweise die Kontaktbeschränkungen. Alle Daten und Informationen zu einer geplan-ten Anlage können seitdem auf der entsprechenden Seite der jeweiligen Behörde öffentlich gemacht werden. Interessierte Anwohner müssen sich nicht mehr einen Termin geben lassen, um die Unterlagen vor Ort ein-zusehen – ein Klick auf die Website genügt.

Erhebliches Sicherheitsrisiko

Auf den ersten Blick ist dies eine moderne und digitale Lösung, die jedoch mit erheblichen Sicherheitsrisiken verbunden ist. Denn nicht nur besorgte Nachbarn, sondern auch Unternehmen, Mitbewerber und zweifelhafte Interessenten aus anderen Ländern erhalten die Pläne – Made in Germany – sozusagen auf dem Präsentierteller. Wirtschaftsspionage wird zum Kinder-spiel.

Neues Gesetz für mehr Sicherheit

Das PlanSiG ist bis Ende 2021 befristet. Doch jetzt gibt es die Überlegung, das Gesetz zu entfristen. LANXESS wie auch der VCI sprechen sich gegen eine automatische Entfristung aus. Denn in seiner jetzigen Form bietet das Gesetz auf Dauer zu viele Risiken. Grundsätzliche Fragen zur Cybersicherheit und zum Know-how-Schutz sind nicht geklärt. Die Task Force des VCI, zu der auch LANXESS gehört, schlägt stattdessen ein eigenes Planungsmoder-nisierungsgesetz vor. Sein Ziel: Antragsteller erhalten schneller eine „Licence to operate“, mehr Planungssicherheit und Akzeptanz für industrielle Projekte. Das Gesetz sollte von einem Expertengremium aufgesetzt werden. Konkret könnten das folgendermaßen aussehen.

12 statt 20 - Erfolgreiches Pilotprojekt

Genehmigungsverfahren können sicher und schnell umgesetzt werden. Das zeigte vor Corona ein gemeinsames Pilotprojekt von LANXESS, dem Wirt-schaftsministerium Nordrhein-Westfalen und der Bezirksregierung Köln. Der Prozess von der Investitionsentscheidung bei LANXESS für den Umbau einer Produktionsanlage am Standort Leverkusen bis zur Genehmigung durch die Bezirksregierung dauerte nur 12 Monate. In der Vergangenheit hatten ver-gleichbare Projekte eine Laufzeit von rund 20 Monaten.

 

LANXESS_Anno Borkowsky.jpg

›› Die bloße Masse an 
Unterlagen und Gutachten darf 
kein Qualitätskriterium für ein 
gutes Verfahren sein. (...) 
Derzeitige Rechtsbegriffe wie 
„zumutbar“, „angemessen“ oder 
„vertretbar“ müssen durch klare 
Formulierungen ersetzt werden.‹‹

Dr. Anno Borkowsky, 
Vorstandsmitglied LANXESS

Die wesentlichen Punkte

  • Der rechtlich-organisatorische Rahmen wird von Experten und Praktikern festgelegt. Sie kommen aus den Bereichen Verwaltung (Zulassung, Genehmigung und Überwachung), Verwaltungsgerichtsbarkeit, Digitales und Kommunikation, Datenschutz und Sicherheit sowie Wirtschaft und Wissenschaft.
  • Barrierefreie und zeitgemäße Formate für einen frühzeitigen Dialog zwischen Projektträger und betroffener Öffentlichkeit müssen neben der erforderlichen Transparenz auch die notwendige Sicherheit bieten. Das heißt, dass der Wettbewerbsschutz gleichwertig mit dem Datenschutz und der Cybersicherheit gewährleistet werden muss. Gerade bei diesem Punkt besteht aus Sicht des VCI noch großer Handlungsbedarf.
  • Vereinfachte Verfahren: Sie müssen so gestaltet werden, dass sie nicht nur von wenigen Fachleuten rechtssicher durchgeführt bzw. verstanden werden können.

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