„Forschen und kooperieren – das sind die Schlüssel“

LANXESS hat eine Kooperation zur Kreislaufwirtschaft mit dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) auf dem Gebiet des Recyclings geschlossen. Das Pyrolyse-Verfahren ist ein thermo-chemischer Recyclingprozess, der mechanische oder physikalische wie lösemittelbasierte Verfahren ergänzt. Es eröffnet die Möglichkeit, aus Abfallströmen werthaltige Rohstoffe für die chemische Industrie zu generieren.

Im Interview sprechen Razan Alsharqawi, Doktorandin am KIT, und Philipp Junge, Leiter der Konzerninitiative Neue Mobilität und Kreislaufwirtschaft bei LANXESS, und Simon Höwedes, Business Unit Polymer Additives, über das Recycling von Flammschutzmitteln.


Herr Junge, worum geht es genau bei der Kooperation?

Für unsere Polymere, also Kunststoffe, gibt es schon heute gute Lösungen, um sie wieder als Rohstoffe verfügbar zu machen. Doch bei unseren Additiven ist dieser Vorgang deutlich komplexer. Beispielsweise brom- oder phosphorbasierte Flammschutzmittel, bereiten beim Recycling noch Herausforderungen. Doch weil diese Basisstoffe wertvoll sind und wir natürlich im Sinne der Kreislaufwirtschaft insgesamt möglichst alle fossilen Basiselemente wiederverwerten möchten, investieren wir hier in die Forschung. Unser Ziel ist es, am Ende ein Rückgewinnungsverfahren zu haben, bei dem wir unsere Additive nahezu vollständig im industriellen Maßstab recyceln können.


Frau Alsharqawi, im Rahmen Ihrer Promotionsarbeit untersuchen Sie das Pyrolyseverfahren bei brombasierten Flammschutzmitteln. Wo hakt es denn derzeit noch?

Razan Alsharqawi: Wie Herr Junge schon sagte, ist die Pyrolyse kein ganz neues Verfahren. Nehmen wir relativ reine Polymere, wie sie in Verpackungsmaterial vorkommen, ist das Verfahren fast ausgereift. Am Ende liegt ein sogenannter Sekundärrohstoff als Pyrolyseöl vor. Das kann vielseitig verwendet werden. Es kann entweder dem Leichtbenzin zugesetzt werden oder nach der Fraktionierung auch als Rohstoff für die Kunststoffproduktion verwendet werden. Viele reine Polymere bestehen hauptsächlich aus Kohlenstoff und Wasserstoff. Nun kommt bei den Flammschutzmitteln durch Brom ein Heteroatom dazu, das als flüssige Kohlenwasserstoffverbindung vorliegen kann. Das führt wiederum dazu, dass das Pyrolyseöl am Ende an Qualität einbüßt. Es gibt schon jetzt aufwendige Verfahren, um daraus das Brom abzutrennen. Ich forsche nun an einem optimierten Verfahren, um Brom während der Pyrolyse abzutrennen. Neben vielen Fragen stellt sich die der optimalen Temperaturführung. Es ist hier nicht ganz einfach, den Königsweg zu finden, mit dem auch die Industrie glücklich wird.

"Unser Ziel ist es, am Ende ein Rückgewinnungsverfahren zu haben, bei dem wir unsere Additive nahezu vollständig im industriellen Maßstab recyceln können.

Philipp Junge,
New Mobility and Circular Economy group initiative at LANXESS

Simon Höwedes: Wir bei PLA stellen nicht nur brom- sondern auch phosphorbasierte Flammschutzmittel her. Auch hier möchten wir untersuchen, wie wir aus Kunststoffen, die mit phosphorhaltigem Flammschutzmittel versetzt sind, möglichst reine Sekundärrohstoffe zurückgewinnen können. Im Unterschied zum Brom bleibt der Phosphor nach der Pyrolyse im Pyrolysekoks als Asche zurück.

Razan Alsharqawi: Ja, bei der Pyrolyse entstehen je nach Einsatzstoff und Verfahren unterschiedliche Anteile von Pyrolysegas, Pyrolyseöl und Pyrolysekoks. Natürlich will man eigentlich immer möglichst viel Öl haben. Das versuche ich auch mit phosphorhaltigen Flammschutzmitteln zu optimieren.

"Es ist hier nicht ganz einfach, den Königsweg zu finden, mit dem auch die Industrie glücklich wird.”

Razan Alsharqawi,
Doktorantin an der KIT

(Karlsruher Institut für Technologie)

Sind denn diese Verfahren in absehbarer Zeit wirtschaftlich?

Philipp Junge: Das ist Ziel der Forschung. Tatsache ist, dass das Pyrolyse-Verfahren den unschlagbaren Vorteil hat, chemisch gebundene Stoffe wie Brom und Phosphor abzutrennen und dabei nur relativ wenig Energie zu benötigen. Hier zeigt sich wieder: Die Industrie muss offen bleiben gegenüber allen Recyclingverfahren. Am Ende wird uns eine Mixtur aus mechanischem, physikalischem und chemischem Recycling zu den besten Ergebnissen führen. Ich bin optimistisch, dass sich die Kreislaufwirtschaft durchsetzt. So besteht schon heute ein großer Bedarf an Sekundärstoffen. Für sie werden auch höhere Preise bezahlt. Denn mit dem Bewusstsein für eine nachhaltige Produktion wächst auch der Druck von Seiten der Kunden, nachhaltige, also recycelte Produkte zu verwenden. 

"Im Unterschied zum Brom bleibt der Phosphor nach der Pyrolyse im Pyrolysekoks als Asche zurück.”

Simon Höwedes,
Polymer Additives Business Unit, LANXESS

Welche Voraussetzungen müssten denn noch erfüllt werden, damit die Kreislaufwirtschaft an Fahrt aufnimmt?

Philipp Junge: Ich denke, in der chemischen Industrie sind wir grundsätzlich schon sehr weit. Unsere Anlagen sind weitgehend optimiert, eine Verschwendung von Energie und Ressourcen gibt es nicht. LANXESS bringt unter den Dachmarken Tepex und Durethan zwei neue Compounds heraus, die fast nur aus nachwachsenden Ressourcen bestehen. Und damit zeigt sich ein anderes Kernthema: Wir müssen auf Dauer jedes Produkt vom Ende her denken. Das Schlagwort dazu lautet: safe and sustainable by design. Was genau mit diesem Ansatz verbunden ist, wird aktuell noch in der EU im sogenannten Green Deal erarbeitet. Geschlossene Stoffkreisläufe bilden hier einen zentralen Aspekt.


In einer echten Kreislaufwirtschaft dürfte es keine Mülldeponien mehr geben. Wie kann das gelingen?

Philipp Junge: Hier kann ich erstmal nur für unsere Produkte sprechen. Auch da sind wir auf externe Partner angewiesen, die die Werkstoffe einsammeln und uns auf den Hof stellen. Wir sind ja keine Logistiker, die das leisten können. Und natürlich mangelt es heute auch noch an den Mengen an bezahlbarer grüner Energie, die wir neben vielem anderen für solch eine immense Aufgabe brauchen. Es gibt hier noch viel zu tun, und damit die Kreislaufwirtschaft eines Tages läuft, müssen wir über unsere Branche hinaus mit Partnern intensiv zusammen an neuen Lösungswegen arbeiten. 

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