
„Hier geht alles
so schnell – das ist faszinierend.“
Im Interview erzählt sie, was das Arbeiten in China besonders macht – und warum Teamkultur für sie der Schlüssel zur Innovation ist.
Frau van Aaken, Sie leiten seit 2021 unser Application Development Center in Shanghai. Erinnern Sie sich noch an die Eröffnung des AADC?
Oh ja, das war wirklich spannend! Eigentlich lief alles entspannt und nach Plan – bis wir kurz vor der offiziellen Eröffnung erfuhren, dass der Eingangsbereich umgebaut werden musste.
Es gab Abweichungen zu den Bauplänen. Für einen Moment dachten wir wirklich, wir müssten unsere Gäste ohne Tür begrüßen. Aber dann ging alles ganz schnell – innerhalb weniger Stunden war der Eingangsbereich fertig. Diese Geschwindigkeit und Flexibilität ist typisch für China.
Was beeindruckt Sie an der chinesischen Arbeitskultur besonders?
Die Offenheit für Neues. Die Menschen hier sind unglaublich motiviert, schnell und lösungsorientiert – und dabei immer freundlich. Das AADC ist das beste Beispiel. Ich denke in keinem anderen Land wäre ein Forschungszentrum dieser Größe innerhalb eines Jahres fertig gewesen und das trotz extrem strenger Auflagen! Denken Sie nur an die Oper in Köln oder die Elbphilharmonie...
Wir entwickeln Produkte für verschiedene Anwendungen – zum Beispiel Zusatzstoffe für Kunststoffe und Schmiermittel oder Stoffe für den Materialschutz. Auch Desinfektionsmittel gegen Schimmel oder Fäulnis gehören dazu. Ein echtes Highlight ist unser Biolabor, das 2022 dazugekommen ist. Dort arbeiten wir mit lebenden Mikroorganismen. Das ist für ein Innovationszentrum wie unseres etwas ganz Besonderes.
Und was ist der Vorteil daran, diese Forschung direkt in China zu betreiben?
Ganz klar: Wir sind näher am Markt – und damit auch näher an unseren Kundinnen und Kunden. Die Anforderungen des asiatischen Marktes sind oft anders als in Europa. Daher können wir die Produkte nicht 1:1 anbieten. Sie müssen angepasst werden. Das ist unsere Hautaufgabe.
Der zweite wichtige Punkt ist die Schnelligkeit und finanzielle Aspekte. Früher mussten Proben teilweise nach Deutschland geschickt werden. Der Versand war teuer, und die Ergebnisse ließen oft auf sich warten. Heute findet alles hier vor Ort statt – schnell, effizient und gemeinsam mit unseren Partnern. Oft entstehen dabei auch ganz neue Ideen. Wenn Kunden durch unsere Labore gehen und etwas entdecken, das sie nicht erwartet hätten, sagen sie: „Das macht ihr auch? Können wir da nicht zusammenarbeiten?“ So entstehen viele Synergien.
Sie sind mitten in der Corona-Pandemie nach China gezogen. Wie war der Start für Sie?
Ehrlich gesagt: sehr hart. Mein Mann und ich hatten gerade ein Haus gekauft. Ich musste also mein neues Zuhause in Deutschland, meinen Mann und mein geliebtes Islandpferd zurücklassen. In Shanghai angekommen, ging es direkt in zwei Wochen Quarantäne – in einem einfachen Hotelzimmer, ohne Kontakt zur Außenwelt. Kein Ausgang. Das Essen wurde vor die Tür gestellt. Aber mein Team hat mich sehr unterstützt – mit Videocalls und Carepaketen. Das hat mir viel Kraft gegeben.
Kleiner Fun Fact: Ich hatte mal eine Quarantäne Checklist bei LinkedIn geposted. Sie ist tatsächlich viral gegangen. Man muss das Ganze mit etwas Humor sehen. Und natürlich gehört eine gute Vorbereitung auch dazu. So hatte ich einen Mini Kühlschrank (meine größte Sorge war es keine kalte Cola zu bekommen), eine Kochplatte, endlos viele Fertiggerichte und eine Matratze im Gepäck.

Teamwork makes the dreamwork
Worauf sind sie besonders stolz?
Mir war von Anfang an wichtig, eine offene Kultur zu schaffen. Ich habe mein Team gefragt:
- Wie wollen wir uns austauschen?
- Wie wollen wir zusammenarbeiten?
- Wie wollen wir vorankommen?
- Was funktioniert gut? Was nicht?
Gemeinsam haben wir eine neue Art der Zusammenarbeit entwickelt: teamübergreifend, dialogorientiert, transparent.
Ein Beispiel ist unser monatliches „Science Meeting“. Eine Kollegin oder ein Kollege stellt ein aktuelles Forschungsthema vor – auch mit offenen Fragen. Daraus entstehen spannende Diskussionen und viele neue Ideen. Das ist gelebte Innovation.
Wie wurde es aufgenommen, dass eine Frau das Forschungszentrum leitet?
Sehr positiv. In China ist es ganz normal, dass Frauen in technischen Berufen und Führungspositionen arbeiten. Das hat mich anfangs überrascht – aber auch gefreut. In meinem Team ist der Anteil von Frauen und Männern etwa gleich hoch. Das ist anders als in Deutschland, aber ich finde es großartig.