» Die nächste Legislatur
ist entscheidend.«
Sabine Nallinger, Vorstand Stiftung 2 Grad
ist entscheidend.«
Sabine Nallinger, Vorstand Stiftung 2 Grad
LANXESS ist neues Fördermitglied der „Stiftung 2°“. Die 2007 gegründete Initiative ist eine branchenübergreifende Plattform. Sie sucht mit konkreten Lösungen und Handlungsempfehlun-gen den Dialog mit der Politik. Im politiX-Interview nimmt Sabine Nallinger die kommende Bundesregierung in die Pflicht.

Frau Nallinger, was ist der grundsätzliche Anspruch
der Stiftung 2°?
Die Gründungsidee war, Unternehmen, Vorständen und CEOs eine Stimme zu verleihen, die sich beim Thema Klimaschutz in der Verantwortung gegenüber der Gesellschaft sehen. Ohne die Innovationskraft und Lösungs-kompetenz der Unternehmen wird die gewaltige Transformation zur Klima-neutralität nicht gelingen. Deshalb ist es für uns wichtig, dass unsere Mit-gliedsunternehmen vorausgehen und Vorreiter in ihrer Branche sind.
Welche Themen stehen im Vordergrund?
Anhand einzelner Branchen zeigen wir, wo die Wirtschaft steht, was ihre nächsten Schritte sind und was sie dafür von der Politik benötigt. Das reicht von der Planungssicherheit bis hin zur Frage, wie hoch der CO2-Preis sein darf, damit Technologien wettbewerbsfähig bleiben. Wir verstehen uns als wirtschaftsnah, fühlen uns aber verbunden mit den Umwelt-NGOs, mit der Dig-Tech- und Wissenschaftswelt, mit den Gewerkschaften, aber auch mit klimapolitischen Akteuren wie Fridays for Future. Wir sind die ambitionierte, die progressive Stimme der Wirtschaft. Und wir moderieren zwischen den Welten.
Wer ist Mitglied bei der Stiftung 2°?
Für den Weg in die Klimaneutralität muss sich die gesamte Wirtschaft verändern. Wir wollen in der Stiftung alle Branchen der Wirtschaft vertreten und die Aspekte entlang der Liefer- und Wertschöpfungsketten abbilden. Denn eines ist klar: Die Politik wird für die Stahlindustrie keine vollständig anderen Instrumente einführen als für die Chemische Industrie. Es geht darum, einen allgemeingültigen Rahmen zu schaffen.
Wie sieht die Arbeit konkret aus?
Eine Stärke der Stiftung ist, dass wir über Branchen hinweg Lösungen erarbeiten, in denen sich alle Unternehmen wiederfinden, die in der Stiftung 2° vertreten sind. Auch Interessens- und Zielkonflikte werden bei uns aus-diskutiert. Dann führen wir Gespräche mit der Politik – auf fachlicher Ebene und mit allen politischen Gruppierungen im Bundestag. Jetzt vor der Wahl sprechen wir mit allen Spitzenkandidatinnen und -kandidaten darüber, was aus unserer Sicht für die nächste Legislaturperiode relevant ist.
Inwiefern hat sich der Umgang mit dem Thema Klimaschutz verändert?
Nachhaltigkeit war früher ein Randthema, heute ist es in den Vorstands-etagen angesiedelt. Die Boni von Vorständen orientieren sich zunehmend an der Einhaltung von Klimazielen. Die Welt hat sich verändert, und Klimaschutz hat eine viel höhere Priorität erhalten. Das macht es uns heute grundsätzlich leichter, mit diesem Thema durchzudringen.
Sie spielen auf das Pariser Klimaschutzabkommen von 2015 an ...
Ja, das war entscheidend. Auch wenn es eine Weile dauerte, bis es überall ankam: Mit dem Beschluss der Weltgemeinschaft war die Debatte um Klimaziele beendet und die Phase der Umsetzung eingeläutet. Unternehmen müssen sich auf den 1,5-Grad-Pfad begeben, sonst kann es ihre Geschäfts-modelle in der Welt von morgen nicht mehr geben. Dazu kamen noch weitere Entwicklungen. Fridays for Future hat eine große Rolle gespielt: Junge Menschen, die an den Tischen von Unternehmenslenkerinnen und -lenkern sitzen und sie mit diesen Themen konfrontieren. Diskussionen zum Klimaschutz werden zuhause weitergeführt. Auch Herr Zachert als Vater von vier Kindern hatte dies übrigens als seine persönliche Motivation genannt.
Worauf kommt es jetzt an?
Klimaschutz ist kein Selbstläufer. Wir haben in den letzten Jahren sehr viel über Klimaziele diskutiert. Das war wichtig, aber jetzt müssen wir das operationalisieren. Für die Unternehmen heißt das: Wie sieht mein Weg zur Klimaneutralität aus – er sollte wirtschaftlich, smart, aber auch ambitioniert sein. Und zwar für alle Produktionsstandorte. Denn die Wirtschaftsräume bewegen sich, es geht nicht mehr nur um Europa.
Was erwarten Sie von der Politik?
Hier gilt: Die nächste Legislatur ist entscheidend. Wenn es der Politik nicht gelingt, das Ruder herumzureißen, wird die Wirtschaft die Klimaneutralität bis 2045 nicht erreichen können. Angesichts der langen Investitions- und Abschreibungszyklen müssen jetzt die Weichen gestellt.