GREEN DEAL:
ZU SCHNELL, ZU VIEL?
ZU SCHNELL, ZU VIEL?
Im Fokus des EU-Klimaschutzpakets stehen der Handel mit CO2-Emissi-onsrechten (ETS), das Kohlendioxid-Grenzausgleichsystem (CBAM), aber auch die Industrieemissionsrichtlinie (IED) und das Europäische Liefer-kettengesetz (CSDD). Zusätzlich zu steigenden Rohstoff- und Energiekosten stellt das die chemische Industrie vor weitere Herausforderungen – und bedroht die Wettbewerbsfähigkeit.
Zukunft des Emissionshandels
Der Handel mit CO2-Emissionsrechten (ETS) gilt als das bedeutendste Klimaschutz-Instrument der EU. Seit 2005 müssen Unternehmen, die zu diesem System gehören, Zertifikate kaufen, wenn sie CO2 ausstoßen. Die Zertifikate werden frei gehandelt. Die Logik dahinter: je höher die Nachfrage, desto höher der Preis – und desto höher der Anreiz für klimafreundliche Innovationen. Das EU-Parlament fordert nun, dass bis 2030 die Emissionen um 63 Prozent sinken sollen im Vergleich zu 2005. Zudem soll es weniger kostenlose Zertifikate geben, Konditionen an noch existierende kostenlose Zertifikate geknüpft werden und für CBAM-Produkte die kostenlosen Zerti-fikate bis 2032 komplett wegfallen.
LANXESS unterstützt Europas ambitionierte Klimazziele und wird selbst bereits 2040 klimaneutral sein. Dennoch sollten die politischen Entscheid-ungsträger der EU die Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit der EU bedenken, wenn sie in einer Zeit, in der Energie in Europa mehr kostet als in jeder anderen Region, so hohe regulatorische Hürden aufstellen. Manchmal scheint dies dem Ziel der EU, Europa in zukunftswichtigen Sektoren zu stärken, zuwiderzulaufen.
Zwischen
61% und 63%
weniger Emissionen beim ETS-Handel im Vergleich zu 2005 – das ist die neue Linie.
Beim geplanten Kohlendioxid-Grenzausgleichssystem CBAM gibt es unterschiedliche Vorschläge von EU-Kommission, Mitgliedsstaaten und EU-Parlament. Der entscheidende Punkt ist der Anwendungsbereich für CBAM. Die Kommission und Mitgliedsstaaten schlagen vor, das System zunächst nur für Zement, Aluminium, Dünger, Eisen und Stahl sowie Elektrizität einzu-führen. Das Parlament will die Liste um Wasserstoff, Plastik und organische Chemieprodukte erweitern, obwohl laut EU-Kommission die Datengrundlage hierfür fehlt.
Gefahr von Carbon Leakage
Nicht nur kämen weitere Belastungen auf die Chemieindustrie zu. Es besteht außerdem die Gefahr von Carbon Leakage mit dramatischen Folgen für das Klima. Umgehungsmöglichkeiten für den CBAM auf der Kundenseite sind voraussichtlich möglich. Denn die chemische Wertschöpfungskette ist sehr komplex und stark verwoben, da die gesamte Wertschöpfungskette nicht abgebildet wird. Zudem sind für Exporte keine Vergünstigungen und kein Carbon Leakage Schutz vorgesehen. CBAMs sollte daher nicht auf Chemie-Sektoren ausgeweitet werden, solange Exporte nicht von den CO2-Kosten (z.B. EU-ETS) entlastet und solange die komplette Wertschöpfungskette nicht über CBAMs abgebildet werden. Hinzu kommt, dass die EU-Kommi-ssion nach eigenen Angaben nicht die notwendigen Daten und Berech-nungsmethoden der CO2-Werte für Polymere und organische Chemikalien hat.
Industrieemissionen: Umkehr der Beweispflicht
Als Teil des EU Green Deals hat die Europäische Union auch einen Aktions-plan zur Vermeidung von Umweltverschmutzung vorgelegt. Zentraler Punkt: Die Überarbeitung der Richtlinie über Industrieemissionen (IED). Bei Verstö-ßen gegen die IED-Vorschriften soll ein neuer Schadensersatzanspruch für Gesundheitsschäden eingeführt werden. Außerdem sollen NGOs Einzel-personen bei Sammelklagen auf Schadensersatz gegen Unternehmen ver-treten können. Nach diesem EU-Vorschlag muss eine Person mit Gesund-heitsproblemen nur noch nachweisen, dass ein Genehmigungsbetreiber für den Gesundheitsschaden verantwortlich sein könnte. Für Unternehmen hätte dies weitreichende Folgen. Denn es bedeutet eine Umkehr der Beweispflicht. Es drohen ein enormer bürokratischer Aufwand und finanzielle Risiken.