Klimaneutralität weltweit: Welchen Beitrag leisten Unternehmen?
Klimaneutralität weltweit: Immer mehr Unternehmen wollen CO2-neutral werden
Hubert Fink,
Vorstandsmitglied der LANXESS AG
Der Begriff Klimaneutralität ist nicht einheitlich definiert. Dem Pariser Klimaabkommen zufolge
- muss der weltweite Emissionshöchststand (Global Peaking) so schnell wie möglich erreicht werden,
- legen die Staaten dar, wie ihre jeweiligen Beiträge zu diesem Ziel aussehen (Nationally Determined Contributions, NDC),
- soll der Planet bis zur Mitte des Jahrhunderts klimaneutral werden.
Nur so lässt sich die Klimaerwärmung auf 1,5 bis 2 Grad Celsius begrenzen. Ziel dieses Limits: die katastrophalsten Folgen des Klimawandels abzuwenden.
Klimaneutralität bedeutet demnach,
- nur so viele Treibhausgase zu emittieren, wie die Erde aufnehmen kann und
- die jetzige Emissionsmenge radikal zu senken, um das gestörte Gleichgewicht wiederherzustellen.
Dies kann auf mehrere Weise geschehen:
- Den Treibhausgasausstoß in der eigenen Organisation und bei Zulieferern mindern,
- durch Kompensationsmöglichkeiten wie den Emissionshandel oder durch Investitionen in Klimaschutzprojekte eigene Treibhausgasminderungen ausgleichen,
- sogenannte CO2-Senken wie Wälder und Moore ausdehnen,
- Emissionen abfangen und speichern (Carbon Capture and Storage), zum Beispiel durch CO2-Verpressung im Meeresgrund vor der Küste Norwegens. Eine weitere Option ist, den abgeschiedenen Kohlenstoff als Rohstoff zu verwenden.
Klimaneutralität, Kohlenstoff-, CO2-Neutralität oder Net Zero werden manchmal synonym verwendet. Dann ist jedoch unklar, wie es ein Unternehmen oder Staat mit weiteren Treibhausgasen hält. So sind Methan, Lachgas oder Schwefelhexafluorid um ein Vielfaches klimaschädlicher als CO2.
Klimaneutrale Unternehmen: Die Voraussetzungen sind sehr unterschiedlich
Wie lang und aufwendig der Weg eines Unternehmens in die Klimaneutralität ist, hängt hauptsächlich von drei Faktoren ab: von der Branche, der Größe und von den Geschäftsfeldern des Unternehmens. Auch wie verzweigt seine Lieferketten sind, spielt eine Rolle. Wer vor Ort mit wenig Rohstoffen produziert und seine Produkte in der Region oder virtuell verkauft, emittiert wenig. Das gilt beispielsweise für Softwareentwickler oder verbrauchernahe Dienstleister.
"Unternehmen, die jetzt vorangehen und sich zur Klimaneutralität verpflichten, senden ein wichtiges Signal an andere. In der Umsetzung kommt es darauf an, dass in der Klimastrategie effektive Umsetzungsschritte hinterlegt sind.”
Andreas Kuhlmann,
Vorsitzender der Geschäftsführung
der Deutschen Energie-Agentur (dena).
(© dena/photothek)
Energieintensive Unternehmen müssen für Klimaneutralität mehr tun
Wer hingegen große Mengen von Energie einsetzen muss, um die nötigen Rohstoffe zu gewinnen, eine komplexe internationale Lieferkette unterhält und/oder seine Produkte unter großem Technologie- und Energieeinsatz fertigt, kommt auf hohe Emissionen. Dies trifft auf die energieintensiven Branchen zu. Dazu zählen die Montan- und Metallindustrie, die Kfz- und Chemieindustrie, die Nahrungs- und Futtermittelindustrie.Unternehmen ohne Fertigungsanlagen erreichen ihre Klimaziele leichter
Wissens-, dienstleistungs- oder datenbasierte Unternehmen sind hier klar im Vorteil. Zwar brauchen auch sie Energie. Doch im Unterschied zu energieintensiven Industrien spielen Fertigungsanlagen für ihr Emissionsgeschehen keine Rolle.Für sie ergibt sich deshalb ein völlig anderes Bild: Häufig entfällt ein großer Teil ihrer Emissionen beispielsweise auf die Energieversorgung, auf die Infrastruktur für Gebäude oder auf die Reisetätigkeit. Das bedeutet: Sie brauchen viel weniger Energie. Es fallen keine Emissionen aus der Fertigung oder aus chemischen Prozessen an. Handelt es sich bei der benötigten Energie nur um Elektrizität – statt zum Beispiel auch um Dampf –, können sie zudem einfach auf Ökostrom umstellen.
Klimaneutralität heißt für LANXESS: Die Emissionen weiter radikal senken
LANXESS hat seine Emissionen seit seiner Gründung im Jahr 2004 bereits um 50 Prozent gesenkt. Die Klimaneutralität ist ein weiterer, ambitionierter Schritt auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit.
- Bis 2030 werden die Treibhausgasemissionen noch einmal halbiert, auf dann 1,6 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente.
- Bis 2040 sollen die Emissionen auf 300.000 Tonnen schrumpfen. Dieser verbleibende Rest wird kompensiert.
Die Transformation von LANXESS setzt an drei zentralen Stellen an:
Im eigenen Unternehmen. Wir mindern die Emissionen aus unseren Quellen. Dazu zählt beispielsweise die Lachgasreduktion. Lachgas ist für den Menschen ungefährlich, schädigt aber das Klima rund 300-mal mehr als CO2.
- Wir reduzieren unseren Energiebedarf – durch smartere Prozesse, Innovationen und zukunftsfähige Geschäftsfelder.
- Wir kaufen sehr emissionsarme oder klimaneutrale Energien ein.
- Das heißt zugleich: Damit energieintensive Unternehmen wie LANXESS die Wende schaffen, brauchen sie saubere Energien.
"Fossile Energien haben in der Industrie keine Zukunft mehr. Erneuerbare Energien sind für Chemieunternehmen aber nicht nur ein Umweltthema: Hier stellt sich auch die Frage der Machbarkeit. Derzeit sind Erneuerbare weder in ausreichender Menge noch zu wettbewerbsfähigen Preisen zu haben.”
Hubert Fink,
Vorstandsmitglied der LANXESS AG
Unternehmen sind in der Pflicht: Tausende legen ihre Klima-Aktivitäten offen
Seit Jahren legen Tausende von Unternehmen ihre Klima-Aktivitäten offen. Sie tun dies unter anderem, um Investoren und andere Stakeholder von guter, zukunftsfähiger Unternehmensführung zu überzeugen. Das Carbon Disclosure Project (CDP), eine internationale Non-Profit-Organisation, bewertet seit 20 Jahren Städte und Unternehmen in puncto Transparenz und Engagement beim
- Klimawandel,
- Wasserschutz und
- Waldschutz.
Inzwischen lassen sich knapp 10.000 Unternehmen vom CDP prüfen und benoten. Dafür müssen sie umfassend, detailliert und überzeugend unter anderem folgende Informationen einreichen:
- ihre Emissionswerte (aus eigenen Quellen, aus eingekaufter Energie, aus zugelieferten Waren und sonstigen Quellen),
- ihre Unternehmensführung,
- ihre Ziele und Umsetzung,
- ihre CO2-Bepreisung sowie
- ihren Klimaschutz in der Lieferkette.
"Klimaschutz ist für uns ein Business Case. Denn mit ressourcenschonendem, zukunftsorientiertem Verhalten werden wir effizienter und für unsere Stakeholder ein nachhaltigerer Partner.”
Hubert Fink,
Vorstandsmitglied der LANXESS AG
Mehr Tempo im Klimaschutz ist möglich
Damit der Klimaschutz im nötigen Tempo vorankommt „müssen sich die Technologien, die wir haben, sehr viel schneller verbreiten“, sagt Andreas Kuhlmann, Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutschen Energie-Agentur.LANXESS hat sich bereits entschieden, seine Forschung und Entwicklung stärker auf klimaneutrale Prozess- und Technologieinnovationen auszurichten. Das Ziel, bis 2040 klimaneutral zu werden, steht. Große Vorhaben mit starkem Hebel wie die Lachgasreduktion an den Standorten Krefeld-Uerdingen und Antwerpen sind bereits abgeschlossen oder im Gange. Doch auch Dauer-Verbesserungen bleiben auf der Agenda: LANXESS steigert die Synergien seiner Betriebe, etwa im Bereich Wärmeaustausch oder bei der Abluftreinigung.
"Ob Produkt- und Prozessinnovation oder kontinuierliche Verbesserung im Betrieb: Mehr Klimafreundlichkeit steht in jeder Geschäftseinheit auf der Agenda. Wir brauchen auch ganz neue Verfahren, die erst im großtechnischen Maßstab entwickelt werden. Darauf sind unsere Forschung und Entwicklung ausgerichtet.”
Hubert Fink,
Vorstandsmitglied der LANXESS AG