
Neuanfang geglückt
Schnelle Hilfe
Bedenken, ihre Erkrankung auf der Arbeit offen anzusprechen, hatte sie jedoch nie. „Ich habe meinen Chef direkt ins Boot geholt und bin in meinem ganzen Team auf viel Verständnis gestoßen.“ Und auf unbürokratische Hilfe: Schnell wurden ein höhenverstellbarer Schreibtisch sowie eine ergonomische Maus und Tastatur angeschafft – Kleinigkeiten, die für Raquel Rempp aber den entscheidenden Unterschied machen. „Ich liebe meinen Job. Und diese Hilfsmittel tragen dazu bei, dass ich ihn noch möglichst lange ausüben kann.“
Leistung im Job zu bringen und eine Behinderung zu haben, sind für sie keine Widersprüche. „Leider erlebe ich es immer wieder, dass sich Kollegen vor einem ‚Outing‘ scheuen, da sie Angst vor einem Karriereknick haben.“ Daher engagiert sie sich seit mehreren Jahren bei uns in der Schwerbehindertenvertretung am Standort Mannheim. Hier vermittelt sie zwischen Arbeitgeber und Mitarbeitenden, um gemeinsam die beste Lösung zu finden.
„Eine Erkrankung oder ein Unfall kann jeden von uns treffen – egal ob jung oder alt. Daher würde ich mir wünschen, dass wir das Thema Inklusion noch viel stärker in unserem Alltag verankern."
Raquel Rempp,
Supply Chain Management, LANXESS
Anerkennung statt Vorurteile
Dass es im Arbeitsumfeld auch alles andere als tolerant zugehen kann, diese Erfahrung hat Karl-Heinz Thormann gemacht. Er ist Schichtführer eines Betriebs unseres Geschäftsbereichs Saltigo am Standort Dormagen. Bei ihm wurde bereits im Alter von 24 Jahren die Autoimmunerkrankung Morbus Bechterew festgestellt, die mit chronischen Schmerzen vor allem im Rückenbereich einhergeht.
„Als junger Mann an den Kollegen vorbei durch den Betrieb zu humpeln – das war Anfang der 80er Jahre ein echter Spießrutenlauf.“
Karl-Heinz Thormann,
Shift Supervisor, Saltigo
Zum Glück erkannte sein damaliger Schichtführer sein Potenzial – Karl-Heinz Thormann hatte ein Faible für alles, was mit dem Computer zusammenhing – und versetzte ihn in die Messwarte. „Da bin ich auch heute, fast 40 Jahre später, noch geblieben. Und auch wenn ich auf Schicht so eine Art Sonderrolle einnehme, habe ich von meinen Vorgesetzten immer Anerkennung für meine Arbeit bekommen.“
In den letzten Jahren sei die Gesellschaft – und damit auch die Arbeitswelt – zum Glück toleranter und offener geworden. Trotzdem gebe es noch Luft nach oben. Karl-Heinz Thormann: „Schwerbehinderte erhalten für ihre Leistung oft nicht die verdiente Wertschätzung. Dabei gehen wir jeden Tag an unsere Grenzen, um unseren Job genauso gut zu machen wie ein gesunder Kollege.“ Um darüber aufzuklären, ist er seit 2005 in der Schwerbehindertenvertretung aktiv – und als Vertrauensmann erster Ansprechpartner für Kollegen. Sein Wunsch für ein offeneres Miteinander: Verständnis haben und sich mit Respekt begegnen.
Chance für Neuanfang
Welch einschneidende Folgen eine Krankheits-Diagnose für das Berufsleben haben kann, weiß Jürgen Heitmann. Eigentlich hatte der gelernte Industriemechaniker eine klassische Laufbahn im handwerklichen Bereich, vielleicht mit zusätzlichem Meisterabschluss geplant. Als die Multiple Sklerose (MS), die 2012 bei ihm festgestellt wurde, ihn jedoch immer mehr in seiner Beweglichkeit einschränkte, war klar: So ging es nicht weiter. „Ich musste mich ständig erklären, warum ich eine Aufgabe nicht mehr so schnell erledigen konnte. Das war sehr kräftezehrend und frustrierend“, erinnert er sich.
Er entschloss sich daher, eine Umschulung zum Bürokaufmann zu machen. Um diesen Prozess anzustoßen, war erst mal Eigeninitiative gefragt. Gespräche mit Kranken- und Rentenkasse sowie dem Versorgungsamt mussten geführt und jede Menge Formulare ausgefüllt werden.
„Zum Glück haben mich die Kollegen vom Betrieblichen Gesundheitsmanagement und von der Personalbetreuung unterstützt. So wurde meine Umschulung innerhalb kurzer Zeit genehmigt, und ich für zwei Jahre freigestellt, um in Köln die Berufsschule zu besuchen.“
Jürgen Heitmann,
Time Management, LANXESS