Die Eroberung der Datenwelt
Themen in diesem Artikel
- Datenwissenschaftler – Gefragt wie nie
- Vom Chemiker zum Datenwissenschaftler
- Das Ziel: Daten verstehen und verknüpfen
- Schnittstelle: Auf die richtige Verbindung kommt es an
- Den Entwicklungsturbo zünden – mit künstlicher Intelligenz
- Einsatz von künstlicher Intelligenz bei LANXESS
- Die Lieferung verfolgen – in Echtzeit
- Mit Datenwissenschaft das Klima schützen
- Das Team macht den Unterschied
Daten beherrschen die Welt
Datengetriebene Konzerne wie Google, Apple oder Facebook sind die erfolgreichsten der Welt. Kein Wunder! Eine Studie der Unternehmensberatung Capgemini hat ergeben: Unternehmen, die Daten gezielt nutzen, erzielen 22 Prozent mehr Gewinn und 70 Prozent mehr Umsatz (pro Mitarbeiter) als ihre Wettbewerber. Daten werden für Unternehmen also zum Erfolgsfaktor. Welche Daten aber braucht ein Unternehmen dazu und wie kann man sie nutzbar machen?
Datenwissenschaftler – Gefragt wie nie
Auch bei LANXESS entstehen Daten. In Forschung und Entwicklung, in den Produktionsanlagen, im Vertrieb oder in der Logistikkette. Doch Daten allein sind jedoch erstmal wertlos. Warum? Daten müssen gelesen, verstanden und verknüpft werden. Und daher brauchen auch wir als Spezialchemie-Konzern Datenwissenschaftler.
Datenwissenschaftler können Daten lesen. Sie gewinnen Erkenntnisse daraus und machen sie für andere nutzbar. Als Unternehmen können wir damit Produktionsprozesse und Forschung effektiver gestalten, Testphasen verkürzen, Logistikwege optimieren und sogar einen Beitrag zum Klimaschutz leisten.
Innerhalb kurzer Zeit entstand daher bei LANXESS ein Data-Scientist-Team mit mehr als 20 Kolleginnen und Kollegen. Darunter Datenwissenschaftler, Dateningenieure und Front-End-Entwickler. Das Team ist jung, international und interdisziplinär. Unsere Data Scientists werden immer dort eingesetzt, wo sie mit realen Daten konkrete Herausforderungen aus unserem operativen Geschäft lösen können. Eine mobile Einsatztruppe mit Datenkompetenz!
Waldemar Czaplik hat sich schon bei seiner Promotion zum Chemiker mit der programmatischen Verarbeitung von Daten beschäftigt. „Damals war das aber mehr ein Hobby“, gibt er zu.
Als der 40-Jährige bei uns als Leiter der globalen Produktionsprozesse des Geschäftsbereichs Inorganic Pigments arbeitete, wurden Daten für ihn plötzlich wieder allgegenwärtig. Um genauere Einblicke in die Prozesse zu bekommen und sie zu optimieren, verbrachte er Stunden damit, Daten aus verschiedenen Systemen zusammenzutragen und aufzuarbeiten. „Die Arbeit war furchtbar ineffizient. Mir blieb neben meinem eigentlichen Job viel zu wenig Zeit, überhaupt etwas aus den Daten zu machen“, erinnert sich Czaplik. Ein Problem, vor dem nicht nur er stand.
Abhilfe schaffen konnte nur jemand, der sich dezidiert mit den Daten auseinander setzte. Und so entstand Anfang 2018 ein Team aus zunächst einer Handvoll Datenwissenschaftlern. Waldemar Czaplik nutzte die Chance, Daten zum Beruf zu machen: Er übernahm die Leitung des Teams, das schnell größer wurde.
„Erhöhen wir mithilfe von Daten den Output einer Anlage um fünf Prozent, bringt uns das natürlich wenig, wenn wir gar nicht die entsprechenden Rohstoffe einkaufen oder die zusätzlichen Produkte an den Markt bringen können. Da muss die gesamte Wertschöpfungskette vernetzt sein.“
Für die richtige Verbindung sorgt Samreen Hassan. Die 32-Jährige arbeitet in vielen Projekten als Schnittstelle zwischen dem Daten-Team, den Geschäftsbereichen und Drittanbietern.
Sie ist für die Verbindung verschiedener Systeme und damit für die Integration von Daten zuständig. Und da ist sie eine echte Expertin. Die Informatikerin hat als Entwicklerin bei großen Software-Konzernen gearbeitet, bevor sie im Sommer 2019 zu LANXESS kam. „Ich finde es toll, dass ich hier mit meinem Wissen reale Probleme lösen kann. Da kommt die Tüftlerin in mir richtig auf ihre Kosten“, meint sie.
Die Leidenschaft für Computer und das Programmieren wurde bei Samreen Hassan schon in der Schule geweckt. Ihre ersten Computerprogramme schrieb sie, als sie gerade 11 Jahre alt war. „Die habe ich damals noch auf Disketten abgespeichert“, sagt sie und lacht. An ihrem Job gefällt ihr besonders die Abwechslung.
„Jede Woche sieht anders aus: mal gibt es intensiven Austausch mit den Geschäftsbereichen, um das Problem zu verstehen, dann schauen wir uns die Anlagen in der Produktion an. In der Woche darauf gibt es vielleicht wieder stillere Arbeit, wenn ich die Daten sammle, verarbeite und analysiere.“
Die Projektteams sind daher immer interdisziplinär aufgestellt. Eines davon leitet Lynn Ferres. Die promovierte Chemikerin ist von Zahlen und Formeln fasziniert. Schon an der Uni hat die 30-Jährige ihre Beobachtungen lieber mit mathematischen Methoden erklärt, statt sie experimentell herzuleiten: „Ich bin eher in der theoretischen und physikalischen Chemie zu Hause und habe dann auch zu einem Thema promoviert, bei dem Messwerte im Vordergrund standen.“
Bei uns unterstützt sie gerade den Geschäftsbereich High Performance Materials (HPM) dabei, eine ganz konkrete Herausforderung zu lösen. HPM entwickelt Kunststoffe, die in Autos Metallteile ersetzen. Sie müssen daher leicht, aber trotzdem sehr belastbar sein.
„Eine große Rolle dabei spielen die Glasfasern, die in den Kunststoff eingearbeitet werden. Nur wenn diese die richtige Beschichtung haben, verbinden sie sich auch optimal mit dem Hochleistungskunststoff“, erklärt Ferres. Was das Ganze sehr komplex macht: Für die so genannte Schlichte kommen mehr als 500 Rohstoffe in Betracht. Unzählige Tests und Prüfungen wären nötig, um die ideale Kombination der Ausgangsstoffe zu finden.
Und hier hilft Lynn Ferres. Sie entwickelte mit ihrem Team eine künstliche Intelligenz, die auf Basis von vorhandenen Daten Vorhersagen über Schlichte-Rezepturen hinsichtlich gemessener Eigenschaften der glasfaserverstärkten Kunststoffen machen kann.
„Das erspart den Anwendungstechnikern schon Mal jede Menge Versuche“, sagt sie. Weitere Eingrenzungen können die Experten vornehmen, da sie die Erfahrungswerte haben, ob sich eine Rezeptur auch in die Praxis umsetzen lässt.
„Die Kombination von Experten-Know-how mit Datenwissenschaften und künstlicher Intelligenz hat uns hier den entscheidenden Durchbruch gebracht.“
Die ersten erfolgreichen Projekte machen Lust auf mehr – nicht nur bei den Datenwissenschaftlern, sondern auch bei den Kolleginnen und Kollegen in den Geschäftsbereichen.
„Ich finde es toll, dass einzelne Bereiche eigene Ideen für Projekte entwickeln, jetzt da sie sehen, was alles möglich ist.“
Seit rund drei Jahren ist Oliver Tebeck bei LANXESS. Er leitet das Team, das sich um Datenprojekte im Bereich Einkauf und Beschaffung kümmert. In Daten hat er sich während seines Studiums „verliebt“, sagt er. Dabei hatte der 31-Jährige ursprünglich gar nicht vor, in die Datenwissenschaft einzusteigen. Während seines Master-Studiums der Statistik hat es ihn dann aber gepackt.
Bei LANXESS ist ihm und seinem Projektteam gleich ein großer Coup gelungen. Für unseren Geschäftsbereich Polymer Additives (PLA) entwickelte er ein Tool, mit dem das Team in Echtzeit verfolgen kann, wo sich seine Bromtanks gerade befinden.
Brom ist der wichtigste Rohstoff des Geschäftsbereichs und muss rund um die Welt verschifft werden. „Wir haben eine Vielzahl von Daten aus unterschiedlichen Quellen verknüpft und in unserem Tool sichtbar und auswertbar gemacht“, erklärt er. Damit kann PLA die Tanks einfacher und gezielter steuern und somit Transportwege optimieren sowie Lieferzeiten verkürzen.
Zum Beispiel wird ein Alarm ausgelöst, wenn die Tanks zu lange an einem Ort verweilen – der Geschäftsbereich kann dann direkt eingreifen. So wird die Auslastung der Tankflotte verbessert und der Kunde ist immer up-to-date über den Lieferstatus. „Im Endeffekt sparen wir Zeit und Kosten“, sagt Tebeck.
Bewährt hat sich das Tool allemal – besonders aber Ende März 2021, als ein Containerschiff im Suezkanal stecken blieb und diesen wichtigen Transportweg für mehrere Tage versperrte.
„Hier war es toll zu sehen, welche Wirkung das Projekt hat. Wir wussten sofort, wo sich die Bromtanks befanden und der Geschäftsbereich konnte schnell die passenden Maßnahmen ergreifen.“
Aus der Sicht von Waldemar Czaplik können Datenwissenschaftler sogar noch viel mehr erreichen. Er ist sich sicher: „Ohne Datenwissenschaften werden wir die großen Fragen der Welt nicht lösen können. Oder zumindest nicht in der benötigten Geschwindigkeit.“ Ganz oben auf der Liste steht das Thema Klimaschutz.
„Mit unseren Simulationen oder mathematischen Modellen helfen wir oft, Prozesse effizienter zu gestalten, den Energieverbrauch und damit auch die Emissionen zu senken.“
Waldemar Czaplik ist stolz auf sein Team: „Jede oder jeder hier hat ihre oder seine eigene Superpower. Das wichtigste ist aber, dass alle echte Teamplayer sind!“ Dem stimmt auch Samreen Hassan zu.
„Alle sind hier sehr offen und haben eine positive Einstellung. Ich werde ermutigt, meine eigenen Ideen einzubringen – und diese werden häufig auch aufgegriffen und umgesetzt.“
Neue Erkenntnisse werden im Daten-Team direkt geteilt. „Wir stellen uns regelmäßig gegenseitig unsere Projekte vor. So lernen wir eine Menge voneinander. Und nicht selten bekommt man noch eine Anregung für sein eigenes Projekt“, freut sich Lynn Ferres. „Das Data-Scientist-Team hat für mich direkt gepasst. Und was mich immer wieder anspornt: Wir können hier einfach extrem viel bewegen“, ergänzt Oliver Tebeck.